Geschichte

GeschichteGloggnitz

Die evangelisch-lutherische Pfarrgemeinde A.B. (= Augsburgischen Bekenntnisses) Gloggnitz zählt heute 700 Seelen, die auf einem Gebiet von 250 km² in 34 Ortschaften leben, darunter die Kurorte Semmering, Payerbach, Reichenau an der Rax, Kirchberg am Wechsel.

In einer vom Katholizismus geprägten Gegend bilden die Evangelischen im Ballungszentrum des oberen Schwarzatals eine kleine Minderheit von 6,3% (Österreich-Durchschnitt: 3,2%/2019), in den umliegenden Ortschaften deutlich weniger.

In der Reformationszeit, in der Österreich in weiten Landesteilen – wie in Niederösterreich ca. vier Fünftel der Bevölkerung – evangelisch wird, fasst der Protestantismus auch im Schwarzatal Fuß, besonders gefördert durch den Adel.

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Selbst im Gloggnitzer Benediktinerkloster (dem heutigen „Schloss Gloggnitz“) zieht die lutherische Lehre ein. Von Propst Staininger z.B. heißt es 1578, er sei „sektisch“ geworden, habe sich „beweibt“ und sei sogar bei seinen Gloggnitzer Pfarrern „auf ihren Hochzeiten gewest“ – Indizien dafür, dass die Mönche lutherisch geworden waren. Propst Maurus Ebenhofer (1625-1639) beklagte in der Zeit der Gegenreformation, dass durch „eingerissene Ketzerei“ (= Abweichung von der offiziellen röm.-kath. Lehre) die alten Mönchs-Bruderschaften in Gloggnitz erloschen seien.

Auch die Grafen von Wurmbrand und von Walsegg auf den Schlössern Stuppach und Vöstenhof (Inschrift im Architrav des Haupttores aus 1597, Brunnen von 1594) gehörten in dieser Zeit zum protestantischen Adel. Ebenso die Herren von Ursenbek im nahen Schloss Pottschach und Patronatsherren der Pfarrkirche Pottschach, in der von 1563 bis 1644 evangelische (teils verheiratete!) Geistliche predigten. Weiters die Herrschaften auf den Burgen Feistritz und Seebenstein.

Im Zuge der um 1600 immer radikaler durchgeführten Gegenreformation wird das evangelische Leben in Österreich gewaltsam unterbunden und das Land wieder rekatholiziert.

So findet man im Markt Gloggnitz 1834 nur neun Protestanten. 1861 werden in Gloggnitz und Payerbach 40 evangelische Seelen gezählt, – der Grundstock der heutigen Pfarrgemeinde.

Am 29. April 1906 wird in einem gemieteten „Betsaal“ in der Prägasse 3 (heute Sparkassenplatz 2) erstmals nach der Gegenreformation wieder ein evangelischer Gottesdienst in Gloggnitz gefeiert. In Gloggnitz gibt es zu dieser Zeit 106 Evangelische.

Die geistliche Betreuung seit 1860 erfolgt vom Pfarramt A.u.H.B. Wiener Neustadt aus, ab 1903 vom selbständig gewordenen Pfarramt A.u.H.B. Neunkirchen.
Durch die neue Südbahnlinie („Ghega-Bahn“, heutiges Weltkulturerbe!) und die dadurch florierende Industrie (Filztuch, Papier und Bergbau) wächst die Seelenzahl stetig an.

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1934 kann unter Mithilfe des bekannten Gloggnitzer Mundartdichters Theodor Maria Vogel (1881-1957) – er gehörte seinerzeit dem Presbyterium (= Kirchenvorstand) der Pfarrgemeinde an – die Hälfte des heutigen Kirchengrundes vom „Deutschen Turnerbund“ erworben werden. (Vogels Büste stammt vom Haßbacher Markenstecher Georg Wimmer und steht vor der Kirche an der Hoffeldstraße.)

Politische Behinderungen nach 1938 und der Zweite Weltkrieg machen weit gediehene Kirchenbaupläne im Kurort Semmering hinfällig.

Am 1. Januar 1946 wird die Pfarrgemeinde selbständig. Seelenzahl in diesem Jahr: ca. 800 (ursprünglich insgesamt über 1.300 mit den Gemeindegliedern von Pottschach und Wimpassing, die zunächst zur neuen Pfarrgemeinde Gloggnitz gehören, 1951 dann aber an die neu errichtete Pfarrgemeinde A.B. Ternitz abgetreten werden).

Im Mai 1948 wird der zu klein gewordene Betsaal aufgegeben und stattdessen eine Schweizer Militärbaracke (eine Spende des Ökumenischen Rates der Kirchen) als „Evangelische Notkirche“ errichtet und am Sonntag Trinitatis, dem 23. Mai 1948, eingeweiht.

Der Gemeinderat der Stadt Gloggnitz beschließt 1950 die Namensgebung der Straße an der Kirchenfront als „Dr. Martin Lutherstraße”.

Es folgt 1953/54 der Bau des Pfarrhauses.
Es wird 1967 erweitert und aufgestockt, 1990 innen renoviert und 2012 außen energieeffizient und klimafreundlich saniert.

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Evangelisches Pfarrhaus mit Pfarrgarten

1963 wird mit dem Kauf eines weiteren Grundstücks von der Gloggnitzer Familie Kubacsek die Voraussetzung für den Bau einer neuen Kirche geschaffen.

Nach dem Abriss der baufällig gewordenen Notkirche wird 1967/68 ein neues Gemeindezentrum errichtet.

Am 15. September 1968 wird die Dreieinigkeitskirche eingeweiht. Architekt ist Dipl.-Ing. Rudolf Angelides († 2000).

Die Dreieckskonstruktion des Dachgewölbes weist auf die Trinität Gottes hin, ihre Zelt-Form erinnert daran, dass wir hier „keine bleibende Stadt“ haben (Hebräer 13,14) und dass geistliches Wandern und Sich-Ändern zum christlichen Leben dazugehören.

„Gottes Programm und Werk mit den Menschen“ erscheint in den zwölf Buntglasfenstern Professor Günther Baszel († 1973). 1971 erhält die Kirche eine Walcker-Orgel mit sieben Registern, einem Manual und einem Pedal. Das Geläut im freistehenden Turm besteht aus drei hellklingenden zinnbronzenen Pfunder-Glocken.

Zu den für die Pfarrgemeinde enormen Kosten dieser Bauten leistet der Gustav-Adolf-Verein und das deutsche Gustav-Adolf-Werk einen wesentlichen Beitrag.

Durch den Zuzug evangelischer Menschen (viele aus Naßwald hinter dem Rax-Gebirgsmassiv, dem Burgenland, Ungarn, Siebenbürgen und aus Deutschland) und durch Übertritte aus der römisch-katholischen Bevölkerung erreicht die Zahl der Gemeindeglieder in den siebziger Jahren ihren Höhepunkt und ist seitdem sinkend.

Die konfessionellen Feindschaften und Spannungen der Vergangenheit sind heute einem freundschaftlichen Verhältnis der Ökumene gewichen.


Die Pfarrer der Pfarrgemeinde A.B. Gloggnitz

1946 – 1956 Karl Erich Fuchs (wirksam in Gloggnitz seit 1945)

1957 – 1978 Hellmut Santer sen. (wurde 1978 zum Superintendenten von Niederösterreich gewählt) († 2021)

1978 – 1988 Ralf Miro

1988 – 1990 Administrator: Pfr. Lutz LEHMANN, Ternitz

1990 – 1998 Administrator: Pfr. Ernst Hofhansl, Neunkirchen

1990 – 2023 Andreas Lisson

2023 – ……….. Administrator: Sen. i.R. Karl-Jürgen Romanowski, Bad Vöslau


Der Lektoren der Pfarrgemeinde Gloggnitz:

2012 – 2018 Robert SCHNEEBERGER


Die Kurator/innen der Pfarrgemeinde A.B. Gloggnitz:

1947 – 1970 Josef HOFMANN sen. (Gloggnitz)

1970 – 1997 Karl Josef DIRNBACHER (Gloggnitz)

1997 – 2004 Herta WAIS (Semmering)

2006 – 2018 Claudius-Viktor HURTH (Küb)

2018 – . . . Heinz DRIEßLER (Enzenreith)


GeschichteNaßwald

„Wir befinden uns im Jahre 1782 n. Chr. Ganz Österreich ist von Katholiken besetzt. Ganz Österreich? Nein! Ein von unbeugsamen Protestanten bevölkertes Dorf hört nicht auf, der Rekatholisierung Widerstand zu leisten.“

So könnte die Geschichte von Naßwald beginnen, einem kleinen Dorf in dem über 2.000 Meter hohen Rax-Schneeberg-Massiv der ostösterreichischen Alpen. 

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Zentrale Figur in der Geschichte von Naßwald ist der Unternehmer und Holztransport-Pionier Georg Hubmer (1755-1833), dem es gelingt, durch autodidaktisch erworbene Ingenieurskunst große Mengen Brennholz aus den Wäldern der Alpen nach Wien zu bringen – auf dem Wasser. Dafür baut er Tunnel und leitet Bäche um. Als so genannter Schwemmmeister wird der Patriarch reich und berühmt, den Einheimischen ist er als „Raxkönig“ bekannt. Selbst protestantisch in der Verbotszeit aufgewachsen, gründet Hubmer ab 1782 die Holzfäller-Siedlung Naßwald, deren evangelische Einwohner sich nicht diskriminieren lassen. Zwar ist der lutherische Glaube seit gerade einem Jahr geduldet, jedoch mit Einschränkungen. 

Österreich im 17. Jahrhundert:

Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges treibt Kaiser Ferdinand III. (1608-57) die Rekatholisierung des größtenteils evangelisch gewordenen Österreich energisch voran. In jedem Landesviertel reisen so genannte „Reformationskommissionen“ von Pfarre zu Pfarre und nehmen sich die „Irrgläubigen“ – „Ketzer“ genannt – vor. Sie müssen sich entscheiden: Bekehrung oder Auswanderung. Viele ziehen den Glauben der Heimat vor und verlassen das Land.

In ländlichen und abgelegenen Gebieten kann sich der Protestantismus im Verborgenen aber behaupten. Die von der Nachwelt so genannten „Geheimprotestanten“ bekennen sich zwar nach außen hin zum Katholizismus, halten aber im Geheimen an der Lehre Luthers fest. Diese glaubenstreuen Österreicher verstecken ihre evangelischen Bücher und Lutherbibeln in Ställen, Mühlen, hohlen Bäumen und Höhlen. Von Zeit zu Zeit treffen sie sich sogar in abgelegenen Scheunen oder anderen entlegenen Orten zu improvisierten Gottesdiensten.

Mit Kaiser Josef II. (1741-90) kommt endlich ein freisinniger Herrscher auf den Thron. Er ist begeisterter Anhänger der Aufklärung. Am 13. Oktober 1781 erlässt er das Toleranzpatent. Die Religionsausübung der Protestanten wird nun unter bestimmten Auflagen vom Staat geduldet.

Nur langsam dringt die Kunde vom kaiserlichen Toleranzpatent in die einsamen abgelegenen Täler, in die sich die evangelisch Gesinnten zurückgezogen hatten. Als aber in den Dörfern der Erlass verlesen wird, hält man ihn zunächst für eine List, um die restlichen Lutherischen aufzustöbern und auszuheben. Dann kommt der große Tag, an dem auch in Georg Hubmers Heimatort Gosau (Salzkammergut, Oberösterreich) das Toleranzpatent vorgetragen wurde.

Eine Situationsbeschreibung aus Ludwig Drexlers Buch „Gottestaten“:

Die Gosauer haben in der Zeit der grausamen Verfolgung viel mitgemacht. Gegen Fremde sind sie misstrauisch. Botschaft von Haus zu Haus ruft sie auf den Dorfplatz. Da steht der Bürgermeister mit zwei Männern, die unschwer als Gerichtsdiener zu erkennen sind. Angst kommt über die Leute. Nur langsam füllt sich der Platz. Der Abstand zwischen den Fremden und den Bauern ist breit. Fragen gehen leise von Mund zu Mund.

Da winkt der Bürgermeister. Ruhe – einer der Beamten beginnt mit der Verlesung eines Schriftstückes. Die Bauern können es nicht fassen und glauben, was sie da zu hören bekommen. Luthers Lehre soll nimmer mehr verboten sein. Ihrem und ihrer Väter Glauben wäre Duldung widerfahren!? Schon wird ein Tisch herbei geschleppt. Listen werden aufgelegt. Wer lutherisch sei, soll sich aufzeichnen lassen. Niemand meldet sich. Die Männer schweigen. Schon malt sich Freude auf den Gesichtern der Beamten. Die Ketzerei, so meinen sie, wäre den Leuten gründlich vergangen. Man hat ja gesorgt dafür.

(aus: Ludwig Drexler: Gottestaten, Große Geschichte einer kleinen Kirche, Die evangelische Kirche A.B. in Österreich von 1600 bis zur Gegenwart, Band 16, Verlag Junge Gemeinde, 1960)

Dies geschieht am 26. Dezember 1781, zwei Monate nach Erlass des Toleranzpatents. Im Jahr darauf, 1782 also, ziehen die Gebrüder Johann und Georg Hubmer mit ihren evangelischen Kameraden im Naßtal ein. Hier finden sie keinerlei Infrastruktur vor. Außer vier kleinen Gehöften nur Urwald. Aber die beiden Holzhändler wissen: Hier gibt es Arbeit. Und von nun an können sie sich ohne Furcht zu ihrem evangelischen Glauben bekennen.

Georg Hubmer lässt 1826 in Naßwald ein Bethaus errichten, das später aufgestockt und durch einen Turm ergänzt wird. Das Bethaus hat eine spektakuläre Besonderheit, die es von allen anderen evangelischen Bethäusern seiner Zeit unterscheidet: die Rundbogenform ihrer Fenster! Diese architektonische Eigentümlichkeit, die auf ein Sakralgebäude hinweisen könnte, stößt bei der kirchlichen und weltlichen Obrigkeit auf Widerstand. Denn abgerundete Fenster sind für evangelische Bethäuser verboten. Zwar sind seit dem Toleranzpatent inzwischen einige Jahrzehnte vergangen, doch gibt es für „Akatholiken“, wie man Nichtkatholische nennt, nach wie vor gewisse Einschränkungen: Ein protestantisches Gotteshaus darf nicht „Kirche“, sondern muss „Bethaus“ heißen. Der Bau muss vom Kaiser persönlich bewilligt werden. Es darf z.B. keine abgerundeten Fenster, keinen Turm und keine Glocken haben. (Ein Katholik könnte es ja sonst versehentlich für eine Kirche halten, hineingeraten und sich mit lutherischer Glaubenslehre „infizieren“!)

Der widerspenstige und querköpfige Georg Hubmer – mittlerweile bereits 70 Jahre alt – setzt seinen Willen trotzdem durch: Bei einer Audienz bei Kaiser Franz I., die dessen Bruder Erzherzog Johann für seinen Freund Georg wohlwollend eingefädelt hat, soll der Kaiser auch nach Fürsprache Fürst Metternichs gesagt haben: „Man lasse mir meinen Raxkönig in Ruhe!“ Seither trägt er in Naßwald diesen Ehrentitel. Von Hubmer wiederum soll der berühmte, trotzige Spruch stammen: „Und die Fenster bleiben rund!“

So bleibt ihr schlichtes Naßwalder Bethaus das einzige von weit über Tausend in der ganzen Donaumonarchie, das in der „Toleranzzeit“ (1781-1861) Rundbogenfenster hat.

Das Bethaus, das man ursprünglich noch vorschriftsmäßig nur von der Rückseite aus betreten hat können, hat plötzlich – ohne Umbau des Hauses – seinen Eingang bei der Straße: Hubmer hat einfach die Straße verlegen lassen!

„Die Fenster bleiben rund!“  

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Die Naßwalder Heimatkunde – von Oberbaurat Richard Engleitner verfasst – gibt uns Aufschluss über die Frömmigkeit der Naßwalder des 19. Jahrhunderts:

„Beim Läuten der Glocken, ob früh, mittags oder abends, nahm jeder Naßwalder auch im Gasthaus (!) den Hut ab. Während des Gottesdienstes durfte an Sonn- und Feiertagen in den Gasthäusern weder gesungen, Karten gespielt, Kegel geschoben noch geschossen werden.“

Bis zum Wasserleitungsbau (1891-1895) wurden in Naßwald nur die evangelischen Feiertage gehalten. Da nun die Angestellten der Stadt Wien die katholischen Feiertage anerkannten und die Holzknechte sich den nicht evangelischen Feiertagen entsprechend einstellen mussten, traten unsere Feiertage immer mehr zurück.“

„Schon um 1860 begannen manche Naßwalder, über die Religion zu grübeln, und gegen Ende der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts gingen schon die Burschen mehr ins Gasthaus als in die Kirche. Zur Zeit des Wasserleitungsbaus wurden auch die Mädchen im Gottesdienst immer seltener. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben zum Großteil auch die Kinder aus. So wurde mit alten Sitten gebrochen, und auch der Kirchenbesuch wurde nicht mehr so streng eingehalten … Ein guter Freund der Naßwalder sagte einmal: `Die Naßwalder sind gute Protestanten, aber schlechte Kirchengeher´.“

Eines der Wesensmerkmale des Protestantismus – auch in Naßwald – ist die hohe Wertschätzung und Einrichtung des Bildungswesens für alle. Da Georg Hubmer Analphabet ist und bei seinen vielen Vertragsabschlüssen immer wieder einen „Dolmetscher“ benötigt, lässt er in den Wintermonaten Kinder und Erwachsene in seinem eigenen Wohnhaus in Hinternaßwald unterrichten. Er verpflichtet den Dorfschuster, der als einziger des Lesens und Schreibens kundig ist, als ersten Lehrer Naßwalds.

1800 wird eine kleine Schule mit Lehrerwohnung gebaut, später gibt es eine vermutlich einklassige evangelische Volksschule im evangelischen Bethaus. Die Hubmer’sche Schwemmgesellschaft kommt für die Entlohnung des Lehrers auf, so dass die Kinder kein Schulgeld zahlen müssen.

Bis heute sitzt man in den vorderen, sehr engen Bankreihen der Kirche recht unbequem, da sie eigentlich für Kinder vorgesehen sind. Auch die noch vorhandenen Tintenfasslöcher in den Bankbrüstungen zeugen vom Schulbetrieb.

Inmitten zweier Flüsse, der Nass und dem Preinbach, lässt Georg Hubmer sein letztes Werk entstehen: Mit „Allerhöchster Entschließung“ errichtet der „Raxkönig1833 mit eigenen finanziellen Mitteln und auf eigenem Grund am nördlichen Ortsrand den Evangelischen Friedhof.

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Bis dahin sind etwa 400 Naßwalder Protestanten am katholischen Friedhof im benachbarten, neun Kilometer entfernten Schwarzau im Gebirge bestattet worden. Ohne Genehmigung des katholischen Priesters hat der evangelische Pfarrer jedoch keine Grabreden halten dürfen. Auch die Stolgebühren hat zuvor der katholische Geistliche kassiert. Manchmal haben Angehörige von Verstorbenen doppelte Stolgebühren – an den katholischen und an den evangelischen Pfarrer entrichtet.

Ende März 1833 wird Georg Hubmer fast 78-jährig als erster am Naßwalder Friedhof beigesetzt – dort, wo er „das Holz im Preinbach rodeln hören“ will.

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Die Marmorplatte seines Grabes enthält folgende Aufschrift:

Ruhe sanft von Deines Tagewerkes Last und Hitze!
Ob auch Deine Hülle modert,
bleibt doch Dein Name
unvergesslich und theuer allen,
denen Du Vater, Freund, Tröster und Rathgeber warst.

Unauslöschlich in diesem Thale,
eingegraben in des Berges Tiefen,
geschrieben in den Wäldern rings umher!
Und segnend, dankend ruft einst noch
der Enkel Stimme:


Hier ruht

Georg Hubmer,

geb. d. 11. April 1755
gest. d. 22. März 1833   
Math. 25.v.21

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Sieben Jahre nach Georg Hubmers Tod – 1840 – stocken die Naßwalder Ihr Bethaus auf und erweitern es um Räumlichkeiten in der linken Hälfte des Erdgeschosses, einen Leichen-Aufbahrungsraum in der Mitte und um eine Pfarrerswohnung mit Pfarrkanzlei und weiteren Zimmern im oberen Stockwerk; das Dachgewölbe bleibt leer.

Die Naßwalder verstehen es auch noch nach dem Tode ihres alten Schwemmmeisters und Ortsoberhauptes geschickt, weitere Bestimmungen des Toleranzpatentes zu umgehen:  Sie stellen noch vor den Revolutionen des Jahres 1848 ein frei stehendes Holzgerüst neben der Kirche auf. Am Reformationstag 1859 werden darin drei eiserne Glocken „Glaube, Hoffnung, Liebe“ aufgehängt und eingeweiht. Sie sind eine Spende des Gustav-Adolf-Vereins. Obwohl das Verbot zum Kirchturmbau erst mit dem Protestantengesetz von 1861 wegfallen sollte, läuten in Naßwald schon zwei Jahre zuvor die Glocken. Die Naßwalder hatten die Behörden überlistet, indem sie erklärten, ihr „Glockenturm“ sei ja schließlich nur ein abseits stehendes Gerüst und diene ausschließlich weltlichen Zwecken, wie z.B. dem eines Feueralarms oder der Einberufung einer Dorfversammlung. Naturgemäß laden die Naßwalder Glocken jedoch seit je her zum Gottesdienst und Gebet ein.

Aufgrund ihrer ausgeprägten Beharrlichkeit und ihres Einfallsreichtums gelten die Bewohner des kleinen Ortes daher bis heute als besonders pfiffige „Dickschädel“.

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1840 aufgestocktes Bethaus mit freistehendem hölzernen Glockengerüst. Das ursprüngliche Bethaus (heute der eigentliche Sakralraum der Pfarrkirche) befindet sich in der rechten Hälfte des Erdgeschosses.
Das Foto ist möglicherweise am Tag der Glockenweihe aufgenommen.
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Taufgottesdienst in der Naßwalder Kirche. Die Orgel (links oben im Bild) – man sagt, dass der Blasebalg der Orgel mit Wasserkraft betrieben worden sei! – kommt irgendwann abhanden und wird durch ein Harmonium ersetzt, das heute in der unteren linken Bildhälfte seinen Platz hat.

1910 wird der hölzerne Glockenstuhl durch den Zubau des Kirchturmes ersetzt. Die Einweihung erfolgt mit einem großen Fest am Pfingstsonntag, dem 15. Mai, in einer Doppelfeier zusammen mit der Einweihung des Jubiläumsgedenksteins „50 Jahre gesellig-humanitärer Verein Die Nasswalder“.

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Jubiläumsstein „50 Jahre gesellig-humanitärer Verein Die Nasswalder“

Das evangelische Naßwald gehört seit seiner Entstehung 1782 bis 1849 zur einzigen niederösterreichischen evangelischen Toleranzgemeinde Mitterbach am Erlaufsee bei Mariazell.

Seit 1789 – also bereits 37 Jahre vor dem Bau des Bethauses – wird in Naßwald regelmäßig Gottesdienst gefeiert. Zwei Mal im Jahr kommt der Pfarrer aus Mitterbach, hält Gottesdienst und unterrichtet Religion. Außerdem wirkt ein Lehrer Namens Gamsjäger, der auch Lese-Gottesdienste hält.

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Die Pfarrkirche ist bis heute der einzige Sakralbau in Naßwald.

Ab 1799 wird im Ort eine evangelische Volksschule betrieben, 1903 ein eigenes Gebäude dafür errichtet. 1938 wird sie von den Nationalsozialisten verstaatlicht, nach Kriegsende 1945 als öffentliche Volksschule weitergeführt bis der Betrieb 1977 wegen Schülermangels eingestellt werden muss. Heute existiert das ehemalige Schulhaus (Graben 60) in unmittelbarer Nachbarschaft der Pfarrkirche als Wohnhaus.

Nach dem Bau der Südbahn gehört Naßwald von 1849 bis 1861 zur Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Wien 1. Bezirk, Dorotheergasse.  Hatte man zur geistlichen Versorgung zuvor von Mitterbach den beschwerlichen Fußmarsch von zehn bis elf Stunden übers Gebirge in Kauf nehmen müssen, kann man Naßwald vom Wiener Pfarramt aus nun bequem und in einem Bruchteil dieser Zeit mit der Eisenbahn bis Payerbach und von dort aus mit der Kutsche erreichen. Vier Mal im Jahr – doppelt so oft wie bisher der Mitterbacher – hält ein Wiener Pfarrer Gottesdienst in Naßwald.

Mit dem Toleranzedikt von 1861 wird die vormals Mitterbacher und mittlerweile Wiener Predigtstelle Naßwald als Evangelische Pfarrgemeinde A.B. selbständig.

Das Bethaus darf nun Kirche heißen.

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Seit 1999 „teilt“ sich die noch immer autonome (!) und – gemessen an der Seelenzahl – kleinste Pfarrgemeinde Österreichs ihren Pfarrer mit der Pfarrgemeinde A.B. Gloggnitz.

In Hirschwang an der Rax steht die Evangelische Henriettenkapelle, – ursprünglich als private Gedächtniskapelle (mit Gruft) der Industriellenfamilie Schoeller erbaut .

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Henriettenkapelle in Hirschwang an der Rax

Die Kapelle wird 1902 von Oskar Laske nach Plänen von Franz von Neumann dem Jüngeren in neugotischem Stil errichtet. Sie ist dem Gedächtnis an Henriette Siedenburg, der evangelisch-reformierten (H.B.) Schwiegermutter des damaligen Betriebsinhabers der Hirschwanger Holzschleiferei und Holzstoffwarenfabrik Richard von Schoeller, gewidmet.

1983 wird die Kapelle der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Naßwald, zu deren Gemeindegebiet Hirschwang gehört, übereignet. Bis Anfang 1960 nutzt sie regelmäßig auch die Römisch-katholischen Pfarre Edlach zur Feier der Heiligen Messe.

2014 bekommt die Henriettenkapelle ein neues Dach, da das alte sehr schadhaft und das Gebäude dadurch gefährdet war. Der Innenraum der Kapelle wird mehrmals renoviert und ist in gutem Zustand. Die Außenfassade ist mit dem (heute kaum mehr herstellbaren) historischen Sand-Putz in ihrem ursprünglichen Zustand belassen.

Die Henriettenkapelle steht für TRAUUNGEN, TAUFEN, JUBILÄUMSFEIERN und ähnliche Feste und kulturelle Anlässe Menschen aller christlichen Konfessionen zur Verfügung! (Infos unter „Gebäude“ und im Pfarramt!)

Das Gemeindegebiet erstreckt sich heute über Rohr im Gebirge (Bezirk Wiener Neustadt), Gscheidl (Gemeinde St. Aegyd am Neuwald / Bezirk Lilienfeld), Schwarzau im Gebirge, Vois, Naßwald, Kaiserbrunn im Höllental, Hirschwang an der Rax, Edlach an der Rax, Prein an der Rax (alle im Bezirk Neunkirchen).

Hatte die Pfarrgemeinde einst über 700 Gemeindeglieder, so zählt sie um die Jahrtausendwende nur noch 220 Seelen. Viele Menschen im Tal hinter der Rax werden nach dem Krieg aus dem Hochquell-Schutzgebiet der Gemeinde Wien ausgesiedelt oder wandern aus dem strukturschwachen Gebiet ab und finden zwischen Reichenau an der Rax und Gloggnitz oder weiter weg eine zweite Heimat. Aktuell hat die Pfarrgemeinde 158 Seelen.

Der „Oberhof“, das heutige Wirtshaus zum Raxkönig gegenüber der Kirche steht im Besitz der Pfarrgemeinde und hat offiziell seit 1903 die k.u.k. Gasthauskonzession. Es wird 2003 von den Pächtern, den Brüdern Sepp und Stefan († 2020) Hajszan, restauriert und ausgebaut, im Wesentlichen in seinen ursprünglichen Zustand zurückgeführt und zugleich mit modernstem Standard versehen. – Die Wirtsleute Barbara Hajszan und Sohn Anton freuen sich auf Ihren Besuch!

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Wirtshaus zum Raxkönig
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Georg Hubmer
 „Raxkönig“ und „Vater von Naßwald“
*11. April 1755 in Gosau    †20. März 1833 in Naßwald



Die Nasswalder, Walzer, opus 134/Dominik Ertl (Hoch- u. Deutschmeister). Pianist: Johnny Lau. Many thanks to the Johann Strauss Society of Great Britain who made this video possible/ Dank an die Johann Strauss Society of Great Britain für das zur Verfügung gestellte Material: https://www.johann-strauss.org.uk/

Die Pfarrer der Pfarrgemeinde A.B. Naßwald

Die nachstehenden Angaben wurden im Juli 2010 im Archiv der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Naßwald aus folgenden Unterlagen von Ernst Huber (†2020), Edlach an der Rax, ermittelt:

  1. Chronik von Naßwald auf der Basis der kurrenten handschriftlichen Aufzeichnungen „Naßwalds Heimatkunde“ von Ing. Richard Engleitner, Oberbaurat der ÖBB, welche 1997 von Kurator Friedrich Maderbacher in die Lateinschrift übertragen wurden.
  2.  Jahresberichte der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Naßwald an die Superintendentur Niederösterreich.
  3. Amtliche Dokumente im Archiv.

Zeitliche Reihenfolge der in Naßwald tätigen Seelsorger:

1861 – 1863         Pfr. Ludwig SCHWARZ              1. Pfarrer
Dem Kurator der Evangelischen
Pfarrgemeinde Wien 1., Herrn ARTHOFER,
ist es zu danken, dass mit Hilfe des Gustav-
Adolf-Vereins der Ludwig SCHWARZ als 1.
Pfarrer nach Naßwald kam:
SCHWARZ ging von Naßwald Görz, danach
nach Gallneukirchen; die Naßwalder
wollten ihn unbedingt zum Bleiben
bewegen und hielten bei seiner Abfahrt die
Räder seines Wagens fest. Er erklärte
später, dass er von Naßwald nie
weggegangen wäre, wenn er gewusst
hätte, dass ihn die Naßwalder so lieb
gehabt haben.

1863 – 1873         Pfr. Albert SCHINDLER                  2. Pfarrer

1873 – 1906         Pfr. Heinrich HERRMANN         3. Pfarrer

1906 – 1946         Pfr. Richard HERMANN             4. Pfarrer
war bereits als Vikar unter seinem Vater in
Naßwald tätig. Zum Ende seiner Amtszeit
war er bereits halb erblindet und hat die
Gottesdienste samt Harmoniumspiel und
Predigt, auch noch nach seiner
Pensionierung, nur mehr auswendig halten
können. Bei der Neubesetzung der
Pfarrstelle gab es 1946 nach dem
Zusammenbruch des Deutschen Reiches
mit der russischen Besatzungsmacht
Schwierigkeiten

1946 – 1947         Adm. Pfr. Karl FUCHS                Pfarrer in Gloggnitz

1947 – 1948         Pfr. Ludwig MÜLLER                  5. Pfarrer

Kam aus der Steiermark, war deutscher Staatsbürger, und war als solcher Beleidigungen ausgesetzt und ging trotz der Bemühungen in zu halten nach Würzburg. Superintendent Heinzelmann dazu: „Ein Pfarrer und Prediger, wie ihn Naßwald nie mehr erhalten wird.“

1949 – 1950         Pfr. Emil MEIER                          6. Pfarrer
kam aus Krems, wurde zum
Reformationsfest 1949 eingeführt; er war
magenleidend und verstarb im März 1950

                                 Pfr. ? SCHNEIDER                    Als Nachfolger gewählt, fand aber
aufgrund einer Intrige im Oberkirchenrat in
Wien keine Zustimmung.

1950 – 1952         Pfr. Fritz RUMPOLD                   7. Pfarrer
kam aus Ostdeutschland; um ihn
bevorzugen zu können, wurde seine
Bewerbung um drei Monate rückdatiert. Er
benutzte Naßwald nur als Sprungbrett und
übersiedelte 1952 nach Rust, Burgenland.

1952 – 1958         Pfr. Dankmar SORGE                8. Pfarrer
war die ersten beiden Jahre als Vikar tätig,
hat Naßwald am 31. August 1958 verlassen

1959                         Vik. Julius STRAUCH                 Administrator: Pfr. Hellmut SANTER,
Gloggnitz; August – September 1959

1959 – 1962         Vik. Walter WEDERITSCH         Administrator: Pfr. Hellmut SANTER,
Gloggnitz; ab 1. November 1959 vermutlich
bis ca. Jahresmitte 1962

1962 – 1964         Pfr. Otto TRAPP                         9. Pfarrer

Vom 1. Oktober 1962 bis Ende August in Naßwald.

Dann bis Ende 1964  Administrator: Pfr. Hellmut SANTER,
Gloggnitz

1965 – 1967         Pfr. Alexander GALAVICS         10. Pfarrer
bis Juli 1967.

1967                         (Vik.?) Dietrich MAYER                  September – Oktober

                                                                                    Administrator: Pfr. Hellmut SANTER,
Gloggnitz   

1967 – 1972          Pfr. Immanuel Gotthelf ZELTNER 11. Pfarrer
ab Oktober 1967 bis 1972?. ´

1973 – 1975                            ?                                Keine Angaben auffindbar

1976 – 1982         Vik. Manfred RISS                      Administrator: Pfr. Alexander
GALAVICS, Berndorf

1982                        Walter Schlesinger                    (Pfarrhelfer?, HTL-Lehrer)

1983 – 1986         Vik. Manfred RISS                      Administrator: Pfr. Hellmut SANTER,
Gloggnitz   

1987 – 1993         Pfr. Manfred RISS                      12. Pfarrer
bewirbt sich erfolgreich um die
Pfarrstelle Linz-Süd.

1993 – 1996         Pfr. Heinz KINZEL                      13. Pfarrer
sucht beim Oberkirchenrat wegen eines
Augenleidens um Versetzung in den
vorgezogenen Ruhestand an, ist der letzte
„eigene“ Pfarrer von Naßwald

1997 – 1999          Administrator: Pfr. Andreas LISSON
Pfarrer in Gloggnitz

1999 –  2023        Pfr. Andreas LISSON                 14. Pfarrer
seit 1990 Pfarrer von Gloggnitz; ist von
nun an Pfarrer beider Pfarrgemeinden:
Gloggnitz und Naßwald; Sitz des
gemeinsamen Pfarramtes ist Gloggnitz.

2023 – ………..                                                                              Administrator: Sen. i.R. Karl-Jürgen
ROMANOWSKI, Bad Vöslau


Der Lektor der Pfarrgemeinde A.B. Naßwald:

um 1800           Paul GAMSJÄGER, Lehrer           Naßwald

2018 – 2023          Robert SCHNEEBERGER Naßwald


Die Kuratoren/innen der Pfarrgemeinde A.B. Naßwald:

Eine Erhebung der Vorjahre steht leider noch aus!

1969 – 1999         Friedrich MADERBACHER           Naßwald

2000 – 2020       Anneliese EDER                      Naßwald

2020- 2023        Robert SCHNEEBERGER Naßwald



Die Lehrer der Pfarrgemeinde A.B. Naßwald:

noch unvollständig!

1826 – ?             Paul GAMSJÄGER

1917 – 1940         Walter GEGER, Oberlehrer Evang. Schule Naßwald

1961 – 1977         Josef August FLUG, Dir. der Ev. Volksschule Naßwald


Geschichte